Staatsbürgerschaft
- Details
- Kategorie: Gründung der DDR
- Veröffentlicht am Dienstag, 12. Februar 2019 12:49
- Geschrieben von Weiterbildung
- Zugriffe: 5819
Die Staatsbürgerschaft der DDR
Die Staatsbürgerschaft der DDR wurde am 20. Februar 1967 durch das Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik (Staatsbürgerschaftsgesetz) eingeführt, das von der Volkskammer der DDR beschlossen wurde. Dieses Gesetz setzte in der Deutschen Demokratischen Republik das bis dahin gültige gesamtdeutscheReichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) von 1913 außer Kraft und hob die noch in der Verfassung von 1949 festgeschriebene einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit auf. Die neue Regelung der DDR-Staatsbürgerschaft stärkte dieSouveränität der DDR und die nationale Identität des sozialistischen Staates. Als erstes westliches Land erkannte am 26. März 1975 Österreich die Staatsbürgerschaft der DDR an. Die Bundesrepublik Deutschland erkannte eine eigenständigen Staatsbürgerschaft der DDR nur begrenzt. Für sie galten die Bürger der DDR ebenso wie die Bundesbürger als „Deutsche im Sinne des Grundgesetzes (Art. 116 GG (1) „ Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.“ Hiermit wurde der Alleinvertretungsanspruch auf alle Bürger des ehemaligen Deutschen Reiches, also auch auf die Bürger der DDR betont.
Gesetz über die Staatsbürgerschaft der DDR, 20. Februar 1967
GESETZBLATT
der Deutschen Demokratischen Republik
Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik (Staatsbürgerschaftsgesetz)
vom 20. Februar 1967
Mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik entstand in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik. Sie ist Ausdruck der Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik und trägt zur weiteren allseitigen Stärkung des sozialistischen Staates bei.
Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ist die Zugehörigkeit ihrer Bürger zum ersten friedliebenden, demokratischen und sozialistischen deutschen Staat, in dem die Arbeiterklasse die politische Macht im Bündnis mit der Klasse der Genossenschaftsbauern, der sozialistischen Intelligenz und den anderen werktätigen Schichten ausübt.
I.
Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik
§ 1
Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik ist, wer
a) zum Zeitpunkt der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik deutscher Staatsangehöriger war, in der Deutschen Demokratischen Republik seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hatte und die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik seitdem nicht verloren hat;
b) zum Zeitpunkt der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik deutscher Staatsangehöriger war, seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik hatte, danach keine andere Staatsbürgerschaft erworben hat und entsprechend seinem Willen durch Registrierung bei einem dafür zuständigen Organ der Deutschen Demokratischen Republik als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik geführt wird;
c) nach den geltenden Bestimmungen die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik erworben und sie seitdem nicht verloren hat.
§ 2
(1) Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik garantiert den Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik die Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Rechte und fordert von ihnen die Erfüllung der verfassungsmäßigen Pflichten.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik gewährt ihren Bürgern Schutz und unterstützt sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik.
§ 3
(1) Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik können nach allgemein anerkanntem Völkerrecht gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik keine Rechte oder Pflichten aus einer anderen Staatsbürgerschaft geltend machen
(2) Ein Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, der die Staatsbürgerschaft eines anderen Staates zu erwerben beabsichtigt, bedarf dazu der Zustimmung der zuständigen staatlichen Organe der Deutschen Demokratischen Republik.
(3) Regelungen zu Fragen der Staatsbürgerschaft, die in zwischenstaatlichen Vereinbarungen der Deutschen Demokratischen Republik mit anderen Staaten getroffen werden, finden Anwendung.
II.
Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik Erwerb
§ 4
Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik wird erworben durch
a) Abstammung;
b) Geburt auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik;
c) Verleihung.
§ 5
Ein Kind erwirbt mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, wenn die Eltern oder ein Elternteil Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik sind.
§ 6
(1) Ein auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik geborenes Kind erwirbt die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, wenn es durch seine Geburt eine andere Staatsbürgerschaft nicht erworben hat.
(2) Ein Kind, das auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik aufgefunden wird (Findelkind), ist Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, sofern der Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft nicht nachgewiesen wird.
§ 7
(1) Einem Bürger eines anderen Staates oder einem Staatenlosen kann auf seinen Antrag die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik verliehen werden, wenn er sich durch sein persönliches Verhalten und seine Einstellung zur Staats- und Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik der Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik würdig erweist und der Verleihung keine zwingenden Gründe entgegenstehen.
(2) Der Antragsteller soll in der Regel seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik haben.
(3) Über die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik wird eine Urkunde ausgehändigt.
§ 8
(1) Minderjährige erwerben mit Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik an die Eltern die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, wenn der Antrag auch für sie gestellt ist. Das gilt auch, wenn nur ein Elternteil durch Verleihung Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik wird.
(2) Hat der Minderjährige das 14. Lebensjahr vollendet, ist seine Einwilligung erforderlich. Verlust
§ 9
Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik geht verloren durch
a) Entlassung;
b) Widerruf der Verleihung;
c) Aberkennung.
§ 10
(1) Ein Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik kann auf seinen Antrag aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entlassen werden, wenn er seinen Wohnsitz mit Genehmigung der zuständigen staatlichen Organe der Deutschen Demokratischen Republik außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik hat oder nehmen will er eine andere Staatsbürgerschaft besitzt oder zu er werben beabsichtigt und der Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik keine zwingenden Gründe entgegenstehen.
(2) Über die Entlassung aus der Staatsbürgerschaf der Deutschen Demokratischen Republik wird eine Urkunde ausgehändigt.
§ 11
(1) Werden Eltern aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entlassen, so er streckt sich die Entlassung auf ihre minderjähriger Kinder, wenn der Antrag auch für sie gestellt ist: Wird der Antrag nur von einem Elternteil gestellt, ist de andere Elternteil zu hören.
(2) Hat der Minderjährige das 14. Lebensjahr vollendet, ist seine Einwilligung erforderlich.
§ 12
(1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deut sehen Demokratischen Republik kann widerrufen werden, wenn
a) der Bürger bei der Antragstellung falsche Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen hat die die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ausgeschlossen hätten;
b) sich der Bürger der Staatsbürgerschaft der Deut sehen Demokratischen Republik durch grobe Mißachtung der mit ihrer Verleihung übernommenen Verpflichtungen nicht würdig erweist.
(2) Der Widerruf ist innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nach der Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik zu lässig.
§ 13
Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik kann Bürgern, die ihren Wohnsitz oder Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischer Republik haben, wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten aberkannt werden.
§ 14
Der Widerruf und die Aberkennung wirken nur gegen die Person, gegen die der Widerruf oder die Aberkennung ausgesprochen wurde.
III.
Zuständigkeit und Verfahren
§ 15
(1) Über die Verleihung der Staatsbürgerschaft und die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entscheidet der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik.
(2) Der Ministerrat kann die Entscheidungsbefugnis delegieren.
(3) Die Verleihung und die Entlassung werden mit der Aushändigung der Urkunde wirksam.
§ 16
(1) Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik entscheidet über den Widerruf der Verleihung und die Aberkennung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik.
(2) Der Widerruf der Verleihung und die Aberkennung werden mit der Entscheidung wirksam.
§ 17
Anträge auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik und auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik werden durch die vom Ministerium des Innern bzw. Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten beauftragten Dienststellen entgegengenommen.
IV.
Schlußbestimmungen
§ 18
Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik erläßt zur Durchführung dieses Gesetzes die erforderlichen Bestimmungen.
§19
(1) Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
-
Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913 (RGBl. S. 583) mit den dazu erlassenen Änderungs- und Ergänzungsbestimmungen, soweit sie nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt außer Kraft getreten sind;
-
Verordnung vom 28. November 1957 über das Verfahren in Staatsangehörigkeitsfragen (GBl. I S.616) mit Erster Durchführungsbestimmung vom
29: November 1957 (GBl. I S. 616); -
Verordnung vom 28. Januar 1965 zur Änderung der Verordnung über das Verfahren in Staatsangehörigkeitsfragen (GBl. II S.143);
-
Anordnung vom 30. August 1954 über die Gleichberechtigung der Frau im Staatsangehörigkeitsrecht (ZBl. S. 431).
Das vorstehende, von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am zwanzigsten Februar neunzehnhundertsiebenundsechzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.
Berlin, den zwanzigsten Februar neunzehnhundertsiebenundsechzig.
Der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik
W. Ulbricht
Quelle: Gesetzblatt der DDR 1967 I, S. 3-5.
Liebe Freunde, liebe Genossen,
in seinem jüngsten Artikel bezieht Sascha313 unter Rückgriff auf Emil Collet Stellung zur "Beschleunigung der Konterrevolution in der DDR":
"Es ist schon ein Lehrstück der Konterrevolution, was sich da 1990 in der DDR abspielte: Ehemalige SED-Mitglieder, und zwar solche, die sich in den besten Zeiten unseres sozialistischen Aufbaus selbst gern als 'Berufsrevolutionäre' titulierten, wurden plötzlich zu Feinden ihrer eigenen Partei und zu Feinden der Arbeiterklasse. Sie halfen dem Klassenfeind (wie wir die imperialistische BRD immer nannten), den Sozialismus in der DDR zu vernichten. Was war dafür der Grund?" - s.u.
Sozialismus statt Barbarei!
Emko
(https://sascha313.wordpress.com/2017/02/15/modrow-krenz-und-konsorten-handlanger-des-imperialismus/)
Beschleunigung der Konterrevolution in der DDR
Es ist schon ein Lehrstück der Konterrevolution, was sich da 1990 in der DDR abspielte: Ehemalige SED-Mitglieder, und zwar solche, die sich in den besten Zeiten unseres sozialistischen Aufbaus selbst gern als „Berufsrevolutionäre“ titulierten, wurden plötzlich zu Feinden ihrer eigenen Partei und zu Feinden der Arbeiterklasse. Sie halfen dem Klassenfeind (wie wir die imperialistische BRD immer nannten), den Sozialismus in der DDR zu vernichten. Was war dafür der Grund? Hatten diese Genossen nicht bemerkt, wem sie da dienten? Wie schon in einigen vorangegangenen Beiträgen geht Emil Collet auch hier wieder den dramatischen Ereignissen der sogenannten „Wende“ in der DDR auf den Grund…
Vaterlandsverräter Modrow kehrte mit der konterrevolutionären Losung auf den Lippen „Deutschland einig Vaterland“ von Gorbatschow zurück und desorientierte nicht nur seine Genossen, sondern auch alle DDR-Bürger. Die Westmächte drängten auf die Beschleunigung des Einigungsprozesses. Sie merkten, daß die Ära Gorbatschows zu Ende geht, keiner konnte wissen was nach ihm kommt. Modrow schaffte freie Bahn für die Vorverlegung der Neuwahl der Volkskammer. Im Gegensatz zur SED/PDS, formierte sich an verschiedenen Orten der Widerstand gegen die Auflösung der DDR unter der Losung: „Kein Anschluß unter dieser Nummer“. Im Zuge der konterrevolutionären Entwicklung wurde Krenz, als Staatsratsvorsitzender, gestürzt und als nicht mehr „brauchbar“ zur Seite geschoben. Durch die Nabelschau der PDS unter Gysi in Bezug auf „Stalinismus, Amtsmißbrauch und Korruption“ die Absage an den Marxismus-Leninismus, die Absage an ihre führende Rolle der Partei, sprengten sie die Nationale Front. Die CDU löste sich als erstes aus dem Block der antifaschistischen Parteien.
Die westlichen „Wahlhelfer“ des Herrn Modrow
Die Modrow-Regierung ließ etwas einmaliges in der Geschichte der Staaten zu. Sie gestattete es Tausenden von Bürgern eines nicht nur fremden, sondern auch DDR-feindlichen Staates, als „Wahlhelfer“, ausgestattet mit DM, Papier Vervielfältigungstechnik und Lautsprecherautos wie die Heuschrecken über die Bürger der DDR herzufallen. Sie durften „Ratschläge“ geben und sie geistig so manipulieren, daß sie sich in der Volkskammerwahl auf die DM, für das Wahlbündnis der „Allianz für Deutschland“ von (DU, DA und DSU, unter des Führung der preußisch traditionell gebundenen neuen Vorsitzenden der CDU, Rechtsanwalt Lothar de Maizière, gegen ihre Interessen einließen. Diese konservative „Allianz für Deutschland“ erhielt aufgrund der in PDS und SPD gespaltenen Arbeiterklasse 48 Prozent aller abgegebenen Wählerstimmen. Damit war die neue Volkskammer CDU dominiert, ihr Vorsitzender wurde Ministerpräsident und A. Merkel als Trittbrettfahrerin der Konterrevolution sein Pressesprecher.
Beschleunigung der Konterrevolution
Nach dieser Wahl verschwand der größte Teil der bürgerlichen Opposition fur eine bessere DDR, für einen „Sozialismus mit menschlichem Gesicht“ in der Versenkung. Es trat das ein, was in der Geschichte immer der Fall war, der Klassengegner schätzt den Verrat, aber nicht den Verräter. Manche wurden, da sie Gorbatschows Losung gefolgt waren, „Wer zu spät kommt den bestraft das Leben“, dadurch belohnt, daß sie später als Hinterbänkler im Bundestag Platz fanden, oder wie Modrow Europaparlamentsabgeordneter wurden. Die Konterrevolution von oben in der DDR wurde durch die Kräfte der äußeren Konterrevolution nicht nur aktiv unterstützt sondern insgesamt beschleunigt. Dafür gibt es zwei Gründe. In der DDR begann sich Widerstand gegen die Vereinigung der beiden deutschen Staaten zu regen. Als Gorbatschow Modrow über sein „Abkommen“ mit Kohl über die „Wiedervereinigung“ informierte, schätzte dieser ein: „Die Stimmung in der DDR tendiere stark in Richtung Wiedervereinigung … Gleichzeitig wachse jedoch die Besorgnis der Werktätigen wegen der sozialen Auswirkungen der Vereinigung.“ Das war am 12. Februar 1990.In der DDR begann sich Widerstand gegen die Vereinigung der beiden deutschen Staaten zu regen. Als Gorbatschow Modrow über sein „Abkommen“ mit Kohl über die „Wiedervereinigung“ informierte, schätzte dieser ein: „Die Stimmung in der DDR tendiere stark in Richtung Wiedervereinigung … Gleichzeitig wachse jedoch die Besorgnis der Werktätigen wegen der sozialen Auswirkungen der Vereinigung.“ Das war am 12. Februar 1990.
Ein übelstes diplomatisches Ränkespiel
Am 12. Februar 1990 trafen sich in Ottawa zum ersten und letzten Mal die 23 Außenminister der NATO und des Warschauer Paktes. Es sollte nach dem Vorschlag von Bush über die „Öffnung des Himmels“ beraten werden. Der tatsächliche Mittelpunkt war die „deutsche Frage“. Hinter dem Rücken des Außenministers der DDR vollzog sich ein diplomatisches Ränkespiel übelster Art und Weise. Der Drahtzieher war dabei der Außenminister der BRD, Genscher. lhm gelang es, sowohl den Außenminister der USA, als auch die Außenminister Englands und Frankreichs und schließlich auch den der UdSSR auf seinen diplomatischen Kurs der „Wiedervereinigung Deutschlands“ zu bringen und eine Allianz gegen die DDR zu bilden.
Genschers fauler Verwandlungstrick
Genscher gelang es die ursprünglich vorgesehene Konferenz vier zu zwei in eine Konferenz zwei zu vier umzugestalten. Oberflächlich betrachtet könnte man sagen vier zu zwei oder zwei zu vier ergibt doch beides sechs. Das entspricht nur der Oberfläche aber nicht dem Inhalt. Es ging darum, ob die Vereinigung der beiden deutschen Staaten deren „innenpolitische Angelegenheit“ sei, oder die ehemaligen Siegermachte Sich das Recht vorbehalten in den Einigungsprozeß einzugreifen und ihn zu gestalten. Die zwei zu vier Konferenz, wozu Gorbatschow seine Zustimmung gab, bedeutete die „Anerkennung“ des „Selbstbestimmungsrechts“ der Deutschen durch die Siegermächte.
Der offene Verrat Gorbatschows
Diese Art Gewährleistung des „Selbstbestimmungsrechts“ durch Gorbatschow war ganz offener Verrat an den Prinzipien des proletarischen Internationalismus. Das war Bestandteil der konterrevolutionären Politik von Gorbatschow zur Zerstörung der sozialistischen DDR. Die DDR wurde der BRD zum Fraß vorgeworfen. Gorbatschow manövrierte sich allerdings ins außenpolitische Abseits. Die UdSSR hatte sich völkerrechtlich festgelegt. Jetzt war es egal, ob Gorbatschow oder ein anderer an der „Macht“ war. Der Außenminister der UdSSR informierte den Außenminister der DDR von dem hinter seinem Rücken ausgehandelten Komplott gegen die DDR. Er zwang ihn diesem zuzustimmen. Damit war die DDR als souveräner Staat, als Völkerrechtsobjekt schon vor ihrer Zerstörung liquidiert.
Eine „Sternstunde“ der Verräter
In Ottawa wurde festgelegt, den Prozeß der „Wiedervereinigung“ zu beschleunigen. Zur Einflußnahme auf den Wahlverlauf am 18. März 1990 wurde festgelegt, noch vor der Volkskammerwahl eine Beratung der politischen Direktoren der Außenministerien der UdSSR, USA, Frankreich und Großbritannien durchzuführen, um die „Wiedervereinigung“ einzuleiten. Die Außenministerkonferenz wurde nach dem 18. März 1990 festgelegt, um den weiteren Prozeß mit der neuen Regierung der DDR abzuschließen. Die historische Kommission der PDS nennt die Zerstörung der sozialistischen DDR, die „demokratischen“ und „freien“ Wahlen, eine „friedliche Revolution“, eine „Sternstunde der Demokratie“.
Eine Lektion in Sachen Volksbetrug
Die aus den ersten „demokratischen“ und „freiheitlichen“ Wahlen, aufgrund einer arglistigen Täuschung, hervorgegangene Volkskammer der DDR war kein Vertreter einer neuen, einer zweiten sozialistischen DDR. Die Regierung der DDR, unter de Maiziere, war nichts anderes als ein Verwalter der Perestrojka-Konkursmasse der DDR. In den folgenden 199 Tagen, bis zur „Wiedervereinigung“, wurde die noch immer geltende Verfassung der DDR, durch die „neuen“, „freiheitlichen“ „Demokraten“ bewußt mißachtet und verletzt. Das wirft ein Schlaglicht darauf, wie verlogen die „neuen“, „freiheitlichen“ „Demokraten“ agierten. 199 Tage sind eine einzige Lektion über die Verlogenheit und Perversität bürgerlicher Demokratie und Freiheit.
Das Volk der DDR wurde nie gefragt…
Die von der „Allianz für Deutschland“ dominierte „Volkskammer“ verhinderte eine verfassungsmäßig festgelegte Volksbefragung darüber, ob die Bürger der DDR für oder gegen eine Vereinigung mit der BRD sind. Sie verhinderte den Volksentscheid darüber, ob die Bürger der DDR dafür oder dagegen sind, ihr Volkseigentum zu behalten oder ob dies wieder Eigentum der Kapitalisten werden solle. Es wurde nicht der geringste Versuch zugelassen, die Bürger der DDR darüber entscheiden zu lassen, ob sie für Sozialismus oder Kapitalismus sind. Das geschah alles im Namen der „neuen“, „freiheitlichen“ „Demokraten“ mit „menschlichem Gesicht“ zum „Schutze“ der DDR-Bürger vor einem weiteren „Unrechtsstaat“ der SED. Die „frei“ gewählte Volkskammer maßte sich das Recht an, ohne die Bevölkerung zu fragen, den Beitritt der DDR nach Artikel 23 des Grundgesetzes zum 3. Oktober 1990 zu beschließen.
Welche Folgen das für das Souverän „Volk der DDR“ hatte und heute noch hat, habe ich an zahlreichen, nicht widerlegbaren Fakten aufgezeigt. Ich mochte es nochmals verdeutlichen. Aus der BRD und DDR entstand, durch den „Beitritt“ der DDR, kein gemeinsamer deutscher Staat. Von der DDR wurde nichts übernommen. Der Beitritt in den Wirkungsbereich des Grundgesetzes der BRD bedeutete und bedeutet heute noch:
-
eine vollständige Übernahme aller der dort geltenden Gesetze,
-
des dort geltenden Geldes,
-
der dort geltenden Gewohnheiten.
Quelle:
Emil Collet: Die DDR – Ein sozialistisches Meisterwerk. In: Marxistisch-leninistische Schriftenreihe für Ökonomie, Politik und Philosophie, Ernst Thälmann Verlag, Heft 86-2, S.54-57. (Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)